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Beitrag vom 16.12.2010
The Tourist - Ein Film mit Johnny Depp und Angelina Jolie
Yasmine Georges
Eine geheimnisvolle Fremde, ein ahnungsloser Kleinstädter und ein Haufen Ganoven – in seinem zweiten Spielfilm mixt Florian Henckel von Donnersmarck mit Erfolg alle Zutaten für einen explosiven...
...Actioncocktail zusammen und kreiert eine stimmige Fahrt durch die fließenden Straßen Venedigs.
Eine Straßenecke in Paris, dort nimmt "The Tourist" seinen Anfang. Es ist noch früh am Morgen als Elise Ward "(Angelina Jolie)" aus ihrem Stadthaus tritt, um in ihrem Stammcafé zu frühstücken. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite hält ein Van, drinnen sitzen drei Männer vor einem Bildschirm, der ebendiese Straßenecke und Elise im Großformat zeigt. Abrupt ist der Einstieg, den Regisseur Florian Henckel von Donnersmarck für seinen neuen Film gewählt hat. Während Elise ihre Beobachter noch unauffällig im Seitenspiegel eines Wagens mustert, sind die ZuschauerInnen bereits von der Handlung gefesselt und das nicht zuletzt dank der Arbeit von Kameramann John Seale.
Ein Brief für Elise
Mit unruhigem Blick folgt die Kamera den ProtagonistInnen der ersten Szenen, sie schwenkt von Elise zu den Beobachtern, zum Kellner und weiter zum Kurier, welcher der Dame in Pastell einen unscheinbaren Brief mit den Initialen A.P. übermittelt. "Nimm den Zug um 20 nach Acht an der Gare de Lyon und such einen Mann, der meine Größe und Statur hat. Sorg dafür, dass sie glauben er sei ich." So weit der Wortlaut des Briefes. Es scheint alles klar: Elise ist die Geliebte eines Gangsters auf der Flucht, sie wird beschattet, soll nun ein Ablenkungsmanöver starten. Man neigt dazu "The Tourist" nach den ersten Minuten in die Sparte der ewig gleichen Actionfilme einzuordnen.
Der neue Alexander
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Der Doppelgänger - Elise und Frank im Zug © Kinowelt |
Doch von Donnersmarcks Film ordnet sich dem Genre nicht unter, er findet seinen eigenen Weg, die aufkommenden Klischees zu umschiffen. Das wird schon bei der Einführung des zweiten Protagonisten deutlich.
Frank Tupelo "(Johnny Depp)" ist ein unscheinbarer Mathelehrer aus Wisconsin - ein Spießer durch und durch, der mit einer gehörigen Portion seelischem Ballast im Gepäck in den Zug von Paris nach Venedig steigt. Dort findet Elise ihn auf ihrer Suche nach einem Doppelgänger für ihren Geliebten,
Alexander Pierce, ein international gesuchter Dieb. Besagter wird nun zum pflichtbewussten Durchschnittsbürger mit Touristencam und Kleinstadtcharme. Und doch, irgendetwas ist da zwischen Elise und Frank, bereits im Zug verstehen sie sich, fast so, als würden sie die gleiche Sprache sprechen - eine Sprache unterdrückten Leidens und Unzufriedenheit. Ihr gegenseitiges Verständnis besiegeln sie mit einem Kuss, der für Frank zum Todesurteil wird.
Starke Frauen und unfreiwillige HeldenDie Figuren tragen von Donnersmarcks Film. Auf den ersten Blick sind es die typischen Rollen einer Gangsterkomödie. Neben der schönen Frau und dem geheimnisvollen Kriminellen gibt es einen Mafiachef, der sich nebenbei auch als der Bestohlene entpuppt, einen besessenen Inspektor und einen Helden.
Doch sie alle gewinnen im Laufe des Films immer mehr an Tiefe, lösen sich von den klaren Linien ihrer Charaktere und werden vielschichtig. Zum großen Teil liegt das an der brillianten DarstellerInnenriege von "The Tourist". Allen voran stolziert Angelina Jolie als toughe Dame von Welt über die Leinwand. Die Contenance, die dunkle Seite und die gut versteckte Zerbrechlichkeit von Elise – die Schauspielerin zeigt die verschiedenen Facetten der Protagonistin auf höchst eindringliche Weise. Johnny Depp beweist aufs Neue sein komödiantisches Talent und überzeugt als verlorener Tollpatsch inmitten einer glamourösen Welt.
Allerdings hat auch Frank eine andere Seite, denn beim finalen Showdown und auf der großen Soiree zeigt er sich mutig, fordernd und selbstbewusst.
Die NebenfigurenHinzu kommen die urkomischen Szenen zwischen dem bestohlenen
Gangsterboss alias Rufus Sewell und seinen Gehilfen. Auch
Inspektor John Acheson "(Paul Bettany)" ist eine Nummer für sich. Der ehrgeizige Polizist erinnert an die Uniformierten aus Zeichentrickfilmen der Kindertage, denen Rauchwolken aus den Ohren schossen, wenn ihnen der Kriminelle wieder einmal entkommen war. Eine weitere brilliante Nebendarstellerin hat von Donnersmarck mit Venedig gefunden. Die sinkende Stadt gibt dem Film dank der alten Bauten und architektonischen Verzierungen eine klassische Note. Wie eine unsichtbare Präsenz erscheint Venezia in "The Tourist", eine Präsenz, die dem Film auf eine höhere Ebene verhilft.
Die FilmmusikDer
Komponist "James Newton Howard" hat sich für seinen Soundtrack wohl an der zerbrechlichen Schönheit der Stadt und ihren launischen Gewässern orientiert. Der Soundtrack wechselt von ruhigen Momenten zu aufbrausenden Crescendi. Keine R´n´B-Rhytmen dröhnen aus geöffneten Autofenstern, nur Orchestermusik begleitet Elise und Frank auf ihrem Weg ins Ungewisse.
Kleine Schwächen | |
Ist der Mann hinter der Zeitung der gesuchte Dieb? © Kinowelt |
Doch wie so viele gute Filme hat auch "The Tourist" seine
Schattenseiten. Für gewiefte BeobachterInnen ist der Fall viel zu schnell gelöst. Der Film verliert sich in komödiantischen Details, der Liebesgeschichte und den Verfolgungsjagden, anstatt sich auf die eigentliche Handlung zu konzentrieren. Das Hauptsujet des Films -
das Rätsel um Mr. Pierce - rückt erst zum Ende hin wieder in den Fokus. Empfehlenswert bleibt er aber dennoch, denn was die lang gezogene Mitte ihm an Spannung und Wirkung nimmt, fügt der wendungsreiche Schluss hinzu. "The Tourist" gehört zu den Filmen, die einen nach der letzten Szene keuchend im Sessel zurücklassen.
AVIVA-Tipp: Eine Reise nach Venedig für den Preis einer Eintrittkarte. "The Tourist" nimmt die ZuschauerInnen mit auf die Wasserstraßen der versinkenden Stadt und erzählt zugleich die Geschichte einer großen Liebe. Zwischen den Verfolgungsjagden findet von Donnersmarck sogar Zeit, Fragen über das Leben aufzuwerfen. So: Ist Bodenständigkeit der Weg zum Glück oder braucht der Mensch Abenteuer und Chaos? Mit "The Tourist" hat der Regisseur von "Das Leben der Anderen" zum zweiten Mal sein Gespür für die Charaktere und ihr Zusammenspiel bewiesen und zudem gezeigt, dass eine Actionkömödie fernab von grimmigen Mafiosi, verängstigten Jungfrauen in Nöten und vorhersehbaren Helden ein gelungenes Kinospektakel werden kann.
The TouristUSA 2010
Regie: Florian Henckel von Donnersmarck
Buch: Florian Henckel von Donnersmarck, Christopher McQuarrie, Julian Fellowes
DarstellerInnen: Angelina Jolie, Johnny Depp, Paul Bettany, Timothy Dalton, Steven Berkoff, Rufus Sewell u.a.
Verleih: Kinowelt
Lauflänge: 97 Minuten
Kinostart: 16. Dezember 2010
FSK: 12 Jahre
Weitere Infos zum Film finden Sie unter:www.thetourist.kinowelt.deWeitersehen auf AVIVA-Berlin:"Das Leben der Anderen", das Spielfilmdebüt von Florian Henckel von Donnersmarck.
"Alice im Wunderland", ein Film mit Johnny Depp.
"Salt", der Agentinnenthriller mit Angelina Jolie.